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1923-2023, 100 Jahre Bootswerft Empacher

Familienunternehmen in der dritten Generation

Am 18. Dezember 1923 gründete Willy Empacher im Alter von 21 Jahren in Königsberg/Ostpreußen eine Werft mit dem Auftrag, drei Segelyachten zu bauen. Drei Jahre nach Kriegsende, mit Inflation und Weltwirtschaftskrise: Es war alles andere als ein leichter Anfang. Die ersten Jahre mit seinem damaligen Partner Wilhelm Karlisch mußten unter großen persönlichen Opfern überbrückt werden.

Aber aufgeben kam nicht in Frage. Die gute Arbeit hatte Erfolg, denn der gelernte Bootsbauer und späterer Obermeister der Innung Hessen, Willy Empacher, fertigte in Königsberg alles, was eine klassische Bootswerft leisten konnte: neben Motor- und Segelyachten auch Eissegler, jedoch nur selten Ruderboote. Und in den 30er Jahren führte er schon die größte deutsche Bootswerft östlich von Berlin mit über 100 Mitarbeitern. Während des Krieges wurden, wie überall in Deutschland, Marine- und Pionierboote gebaut.

Neubeginn 1947 in Eberbach am Neckar

1945 flüchtete die sechsköpfige Familie auf dem Wasserweg von Ostpreußen nach Schleswig-Holstein und gelangte 1947 auf der Suche nach einem festen Standort ohne Hab und Gut nach Eberbach.

Mit einfachsten Mitteln gelang es Willy Empacher, eine neue Existenz aufzubauen. Er konnte die anfangs gemietete Bootswerft Seibert übernehmen. Reparaturen und kleinere Neubauten waren der Anfang des Ruderbootbaus in Eberbach. Erst 1952 wurde der erste Renn-Gig-Achter in Klinkerbauweise und 1953 das erste Rennboot aus Sperrholz gebaut und die erste neue Werkshalle in der Neckarstraße auf eigenem Gelände errichtet.

Die ersten Rennboote hat man noch aus dünnem Birken Sperrholz über Mallen beplankt und mit Kupfernägeln zusätzlich filigran auf Kiel und Gondelleiste genagelt.
In den 1960iger Jahren hat Willy Empacher begonnen Rennbootschalen aus mehreren Zedernfurnieren unter einer Vakuumdecke über einem Holzpositivblock in Form zu verleimen.

Diese formverleimten Zedernholzrennboote waren Ihrer Zeit weit voraus und waren in den 1960iger Jahren herausragend in Stabilität, Langlebigkeit und Qualität. Dieter Empacher, jüngster Sohn von Willy Empacher, gelernter Bootsbauer und studierter Schiffbau Ingenieur, arbeitete von 1964 bis 1966 in der Werft. Er überarbeitete und zeichnete alle Rennbootsrisse neu. Er entwickelte zusammen mit dem erfolgreichen Einerfahrer Jochen Meißner ein neues Einer Design. Diese Boote wurden als Halb-Delphin bezeichnet.

Nach 21 Jahren in Eberbach gelang es nun 1968 schließlich der große internationale Durchbruch mit dem Gewinn der olympischen Silbermedaille im Einer in Mexiko durch Jochen Meißner. Danach nahm die Produktion der formverleimten Holzrennboote aus Zedernholz unter dem Bootsmeister Kurt Pahl einen stürmischen Verlauf und war bis Mitte der 80er Jahre die tragende Säule der Firma.

Bereits ab Anfang der 50iger Jahre kaufte Willy Empacher sehr weitsichtig Grundstücke auf der gegenüberliegenden Rockenauer Neckarseite an. Er erkannte früh, dass der Expansionsraum für die Werft in den Keitländern auf der Eberbacher Neckarseite durch den Bau der geplanten Bundesstraße sehr eingeschränkt ist. Im Jahre 1955 wurde erstmals mit Kunststoff in Zusammenarbeit mit der BASF in Ludwigshafen experimentiert.

Das weltweit erste Kunststoff-Ruderskiff aus Polyester entstand 1956. 1968 erfolgt die Errichtung der ersten Werkhalle für Kunststoffboote auf der gegenüberliegenden Rockenauer Seite. Leo Wolloner wurde auf der neuen Kunststoffseite als Meister eingesetzt. Unter Verwendung von Epoxydharzen wurden erste Experimente unternommen leichte Kunststoffrennbootsschalen zu fertigen.

In München gewann 1972 der „Bullen- oder Bodensee-Vierer mit Steuermann“ die erste Goldmedaille in einem Kunststoff-Ruderboot. Dies war zugleich das erste renntaugliche Kunststoffboot in Wabenbauweise.

Damit war der moderne Bootsbau eingeläutet und aus den anfänglichen empirischen Versuchen mit seinerzeit noch „exotischen“ Materialien ist heute der Stand der Technik geworden. Und „ganz nebenbei“ schrieb Empacher das Standardwerk „Der Bau von Kunststoffbooten“, das vielen Bootsbauern den Einstieg in das neue Material erleichterte, nicht aus Geltungsbedürfnis, sondern weil er die Weitergabe von Wissen an Kollegen für selbstverständlich hielt und auch den Zusammenhalt der Bootsbauer als eine seiner Aufgaben ansah.

Die zweite Generation

Hans Empacher, ältester Sohn von Willy Empacher, studierte Jura und machte Karriere in der Luft- und Raumfahrtindustrie bei Messerschmidt-Bölkow-Blohm (MBB), der heutigen DASA. Für den erfolgreichen Industriemanager war die Bootswerft seines Vaters bis 1970 eher ein Hobby. Mit seinen 70 Jahren konnte und wollte Willy Empacher den immer noch wachsenden Handwerksbetrieb nicht mehr weiterführen. Da keines seiner Kinder bereit war, die Nachfolge anzutreten und als einzige Alternative nur der Verkauf blieb, übernahm Hans Empacher die Geschäftsführung und die Geschäftsanteile des Handwerksbetriebs. Er förderte das Know-how im Kunststoffbootsbau, indem er seine Kontakte von MBB mit der Bootswerft verknüpfte. Die Rationalisierung des Betriebs schaffte er mit dem Neubau der Holzwerft 1977.

Die Kunststoffabteilung wurde 1982/83 durch einen Neubau von Verwaltung und Produktion erweitert. Diese entsprach somit etwa der Größe der Holzwerft. Jürg Heckmann wurde 1983 auf der Kunstoff-Werft Produktionsleiter. Entwicklungstechnisch waren die Holzrennboote etwa ab Mitte der 80er Jahre unterlegen, so daß die Expansion der Kunststoffwerft erneut anstand. 1989/90 wurde der heutige Neubau der Kunststoffwerft projektiert und der erste Bauabschnitt als eigenständiger Werftbetrieb errichtet.

Hans Empacher verstand es, bis zu seinem Tode 1996, trotz der beruflichen Doppelbelastung, die Geschicke des Betriebs in wirtschaftlich guten und schlechten Zeiten mit Risiko und Innovationsbereitschaft positiv zu lenken. Durch seine weltoffene diplomatische Art, seine Fairness und menschlichen Qualitäten öffnete er die Tür zu Verbänden zu einer Zeit, als Bootswerften lediglich als Mechaniker des Rudersports auf den internationalen Rennplätzen geduldet wurden.

Die dritte Generation

Helmut Empacher studierte Wirtschaftsingenieurswesen an der TH Karlsruhe. Nach dem Studium war er bereits ein Jahr (1983) in Eberbach tätig, bevor auch er zum Technologiekonzern MBB wechselte, dort an High-Tech-Projekten mitwirkte und sich an für die Werft strukturell interessanten Aufgaben beteiligte.

1987 kehrte er als Geschäftsführer in die Bootswerft Empacher nach Eberbach zurück. Sein erster großer Erfolg war die Neuentwicklung des Achters K82. In Zusammenarbeit mit Ralf Holtmeyer zeichnete Dieter Empacher den neuen Wegweisenden Achter K82. Ralf Holtmeyer führte 1988 den Deutschland-Achter in dem neuen Boot nach 20 Jahren wieder zur olympischen Goldmedaille in Seoul.

Rainer Empacher studierte Architektur in Italien und trat 1988 in die Firma ein. Er nimmt im Verkauf individuelle Kundenberatung, Marketing und Vertriebsaufgaben sowie die Organisation des Regattaservices und vieles mehr wahr. Maßgeblich war er bei den beiden Neubauten, des Zentralbaus von 1989/90 und des kürzlich abgeschlossenen Erweiterungsbaus 1997, beteiligt. Helmut und Rainer sind ab 1996 gemeinsam geschäftsführende Gesellschafter der Werft.

Ein hochmodernes Konstruktionsbüro wurde eingerichtet. Dieter Empacher, Bruder von Hans und Onkel von Helmut und Rainer, erfolgreicher Schiffbauingenieur in den USA, ist hier jedes Jahr einige Wochen tätig und setzt die Anregungen der Geschäftsleitung von Trainern und Sportlern aus der Regattasaison in erfolgreiche neue Risse um. Das Büro ist stets mit einem Ingenieur und einem Techniker besetzt. Zwei neue Bootsformen werden im Schnitt jährlich entwickelt und zahlreiche Details kontinuierlich weiterentwickelt.

Die 2000er Jahre

Ende der 1990iger Jahre beginnt die Entwicklung von Aluminium- und Carbon- Flügelauslegern. Unter Verwendung von stärkeren Waben gelingen die ersten hochfesten Rennboote ohne die traditionellen Spanten. Ab 2008 spezialisiert man sich nur noch auf den reinen Rennruderbootsbau. Der Bau von Wander-Booten und Polyester-Booten wird aus Platzgründen in der Werft eingestellt. Im Jahr 2011 wird ein Autoklav gekauft um komplexe Carbonbauteile wie Carbon Flügelausleger, Stemmbretter und Rollsitze herzustellen unter der Verwendung von Carbon Prepreg Fasern. Die Anzahl der im Autoklav hergestellten Bauteile steigt sehr schnell an und macht ab 2020 die Anschaffung eines NC-Cutters notwendig. Die Investitionen in der 90iger Jahren tragen jetzt Ihre Früchte

Über mehr als 30 Jahre ist die Werft Jährlich präsent auf ca. 20 Regatten im In- und Ausland mit einem qualifizierten Regattaservice. An alle Weltmeisterschaften, Weltcups und Olympischen Spielen wird ein großer Anteil Empacher Boote gefahren. Die enge Zusammenarbeit mit Verbänden, Trainern und Sportlern wächst kontinuierlich und verfestigt sich. Direktes Umsetzten von Kundenwünschen und die mittlerweile langjährige Erfahrung der Bootswerft führt zu mehr Innovationen in der Weiterentwicklung der gelben Empacher Booten.

Empacher exportiert nun seit über 40 Jahren Rennboote in die ganze Welt. Der Exportanteil der Produktion liegt bei ca. 75%. Seit dem Tod von Rainer Empacher im Jahre 2018 führt Helmut Empacher die Geschäfte alleine.

Die Belegschaft ist kontinuierlich gewachsen und seit einigen Jahren stabil bei ca. 90 Mitarbeitern.